Geschichtlicher Überblick

Zeitleiste

31. Mai 1809

Tod von Ferdinand von Schill

Niederlage des preußischen Majors Ferdinand von Schill und seines Freiwilligenkorps in Stralsung im Kampf gegen napoleonische Truppen und ihre Verbündeten. Schill wird im Gefecht tödlich verwundet und anschließend enthauptet.

18.-22. Juli 1809

Erschießung der Schillschen Offiziere

Viele der Schillschen Freikorpssoldaten geraten in Gefangenschaft. Vierzehn Offiziere werden in Braunschweig ausgewählt und vor den Toren der Stadt erschossen.

19. März 1837

Errichtung des Schilldenkmals

Errichtung eines Denkmals am Erschießungsort der Offiziere in Braunschweig. Im Zuge der deutschen Nationalbewegung soll der Schillsche Feldzug als patriotische Tat gewürdigt werden. Bestattung der Überreste der vierzehn Offiziere in einer Gruft unter dem Denkmal. Schills Kopf wird nachträglich am 24. September 1837 dort beigesetzt.

1839/40

Schillsche Stiftung und Invalidenhaus

Gründung einer Stiftung zur Finanzierung der Denkmalsanlage. Gärtnerische Gestaltung des Geländes sowie Errichtung eines Invalidenhauses mit einem Gedenkraum und Glockenturm.

19. und erste Hälfte 20. Jahrhundert

Die Denkmalsanlage in der Folgezeit

Am Schilldenkmal werden wiederholt Gedenkfeiern ausgerichtet und die Ereignisse von 1809 dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend interpretiert und instrumentalisiert.

1. Halbjahr 1944

Hintergrund zur Lagerentstehung

Die Braunschweiger Firma Büssing erhält die Genehmigung zur Zuteilung von KZ-Häftlingen für die rüstungswichtige Fahrzeugproduktion und plant die Errichtung eines Lagers auf dem Nachbargrundstück neben der Schillschen Denkmalsanlage.

18. August 1944

Ankunft des ``Baukommandos``

Aus dem Hamburger Stammlager Neuengamme werden 126 männliche Häftlinge nach Braunschweig überführt und beginnen mit dem Aufbau des Lagers. Es handelt sich vorrangig um französische und sowjetische Widerstandskämpfer.

Mitte August 1944

Häftlingsauswahl in Auschwitz

Parallel zum Baubeginn fahren zwei Vertreter der Firma Büssing ins KZ Auschwitz und wählen dort 1.000 bis 1.200 Männer für den Arbeitseinsatz in der Rüstungsproduktion aus. Ein überwiegender Teil der Häftlinge sind polnische Juden, die zuvor im “Ghetto Litzmannstadt” (Łódź) interniert waren.

September bis November 1944

Ankunft von Häftlingen aus Auschwitz

In drei Transporten werden die Häftlinge aus Auschwitz nach Braunschweig überführt. Einige Häftlinge werden in ein Unterkommando nach Vechelde überstellt, wohin die Firma Büssing einen Produktionszweig verlagert.

Ende März 1945

Lagerräumung

Räumung der Lager an der Schillstraße in Braunschweig und in Vechelde. Überführung der Häftlinge ins KZ-Außenlager Watenstedt-Leinde. Anschließend werden sie auf eine mehrwöchige Zugfahrt mit verschiedenen Folgestationen geschickt.

Etwa Anfang April 1945

Kriegsgefangenenlager der Wehrmacht

Auf dem inzwischen geräumten Lagergelände in Braunschweig werden von der Wehrmacht mehrere hundert britische und US-amerikanische Kriegsgefangene untergebracht.

12. April 1945

Kriegsende in Braunschweig

Am 12. April 1945 befreien US-amerikanische Truppen die durch die Kriegseinwirkungen stark zerstörte Stadt Braunschweig.

2. Mai 1945

Befreiung des KZ-Wöbbelin

Viele Häftlinge aus den Lagern in Braunschweig und Vechelde werden im KZ Wöbbelin (nahe Ludwigslust) von US-amerikanischen Truppen befreit.

1. April 1949

Auflösung der Schillschen Stiftung

Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wird die Schillsche Stiftung aufgelöst und das Gelände mit der Denkmalsanlage von der Stadt Braunschweig übernommen.

4. September 1955

Neuwidmung des Schilldenkmals

Im Jahre 1955 wird auf Initiative von Regimentskameradschaften das Schilldenkmal neu gewidmet. Mit der Anbringung von drei Plaketten auf dessen Sockel durch die Stadt Braunschweig wird ein Erinnerungsort an deutsche Wehrmachtssoldaten geschaffen.

1959/60

Abriss des Lagers

Im Jahre 1959 werden die letzten baulichen Überreste des KZ-Außenlagers entfernt und an seinem früheren Standort ein Betriebshof der Deutschen Post errichtet.

Ende der 1960er Jahre

Veranstaltungsort am Volkstrauertag

Am umgewidmeten Schilldenkmal finden fortan die vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorger organisierten Karnzniederlegungen zum Volkstrauertag statt.

Anfang der 1990er Jahre

Konflikte um das Gedenken

Zunehmend geraten die am Schilldenkmal ausgerichteten Veranstaltungen am Volkstrauertag in Kritik, da kein Bezug zum früheren KZ-Außenlager hergestellt, dafür allerdings ehemaligen Wehrmachtsangehörigen gedacht wird. In den Jahren 1993 und 1994 kommt es am Volkstrauertag zu Auseinandersetzungen zwischen Veranstaltungsteilnehmenden und Gegendemonstranten.

Ab 1996

Der Weg zur KZ-Gedenkstätte

Unter den Eindrücken der Kritik und Konflikte in den Vorjahren, beschließt der Rat der Stadt Braunschweig im Januar 1996, einen künstlerischen Wettbewerb zur Gestaltung einer Gedenkstätte für die Opfer des KZ-Außenlagers zu initiieren. Die Gedenkstättenkonzeption der Hamburger Künstlerin Sigrid Sigurdsson wird realisiert. Zentrales Element ist das Offene Archiv “Braunschweig eine Stadt in Deutschland erinnert sich”.

2000

Eröffnung der Gedenkstätte

Nach umfangreichen Gestaltungsmaßnahmen im Außenbereich und der Errichtung verschiedener Gedenkobjekte, ist ab dem 1. Mai 2000 die städtische Gedenkstätte und das sich im ehemaligen Invalidenhaus befindliche Offene Archiv für Besucherinnen und Besucher zugänglich.

Ab 2010

Nachnutzung Gelände - Bau des BraWoParks

Im Jahre 2010 kauft die Volksbank das Gelände auf dem Nachbargrundstück und lässt den Betriebhof der Deutschen Post abreissen. Auf dem Gelände werden ein Einkaufszentrum, Bürogebäude sowie ein Parkplatz errichtet.

1. Juli 2019

Änderung der Trägerschaft

Zum 1. Juli 2019 überträgt die Stadt Braunschweig die Trägerschaft der Gedenkstätte an den Arbeitskreis Andere Geschichte e. V. Der Verein betreute im städtischen Auftrag bereits zuvor die Gedenkstätte im städtischen Auftrag.

Literaturhinweise und Weblinks

Publikationen

Bein, Reinhard: Vom Schilldenkmal zur Gedenkstätte Schillstraße 1837-2012. Braunschweig 2012

Bein, Reinhard: Erzählzeit. Berichte und Postkarten aus Stadt und Land Braunschweig 1933-1945. Braunschweig 2002

Eschebach, Erika: Von der Gedächtnisstätte zum Lernort. Das Braunschweiger Schilldenkmal 1837 bis 2000. In: Veltzke, Veit (Hrsg.): Für die Freiheit – gegen Napoleon. Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche Nation. Köln, Weimar, Wien 2009, S. 367-389

Hesse, Anja (Hrsg.): Vernetztes Gedächtnis. 1930 bis 1945. Topografie der nationalsozialistischen Herrschaft in Braunschweig. Braunschweig 2003

Liedke, Karl: Das KZ-Außenlager Schillstraße in Braunschweig 1944-1945. Braunschweig 2006

Liedke, Karl / Zacharias, Elke: Das KZ-Aussenlager Schillstrasse. Der Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen bei der Firma Büssing. Braunschweig 1996

Richter, Axel: Das Unterkommando Vechelde des Konzentrationslagers Neuengamme. Zum Einsatz von KZ-Häftlingen in der Rüstungsproduktion. Vechelde 1985

Veltzke, Veit (Hrsg.): Für die Freiheit – gegen Napoleon. Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche Nation. Köln, Weimar, Wien 2009

Vögel, Bernhild: Denkstätte Schillstraße. Materialien für Schule und Bildungsarbeit. Braunschweig 1998

Webseiten

Gedenkstätte KZ-Außenlager Braunschweig Schillstraße

Geschichte.Bewusst.Sein.

Stadt Braunschweig – Erinnerungskultur

Stolpersteine für Braunschweig

Vernetztes Gedächtnis – Topografie der NS-Gewaltherrschaft in Braunschweig