Die Baracke der SS-Wachmannschaft befand sich nicht innerhalb des Häftlingslagers, sondern auf einem separaten Grundstück auf der gegenüberliegenden Seite der damaligen Schillstraße. In diesem Gebäude wurde außerdem die Lagerküche eingerichtet.
Die Wachmannschaft umfasste zunächst 25, später mindestens 50 Personen. Sie waren für die Organisation der alltäglichen Abläufe zuständig, begleiteten die Gefangenen zur Arbeit, sicherten das Lagergelände und leiteten die Funktionshäftlinge an. Einige SS-Männer misshandelten bereits bei kleinsten Vergehen und oft auch willkürlich Häftlinge körperlich misshandelten oder demütigten sie verbal.
Kommandant des Außenlagers war SS-Hauptsturmführer Max Kirstein, der am 7. November 1880 in Bernburg an der Saale geboren wurde. Bereits im Jahre 1933 trat er der SS bei und wurde zu Kriegsbeginn der Waffen-SS zugeteilt. Nach einer Ausbildung im KZ Sachsenhausen und Stationen im KZ Neuengamme und in einigen seiner Außenlager, wurde er im November 1944 Lagerkommandant in Braunschweig. Gleichzeitig unterstand ihm das Unterkommando in Vechelde, wo in seiner Vertretung Helmut Sebrantke die Lagerleitung innehatte.
Nach Kriegsende begannen Ermittlungsverfahren gegen SS-Angehörige, die letztendlich erfolglos blieben und eingestellt wurden. Irrtümlich wurde vermutet, dass Max Kirstein kurz vor Kriegsende getötet worden sei. Wie sich später herausstellte, überlebte er den Krieg und starb 1952 in Mainz.
In Konzentrationslagern wurden Funktionshäftlinge von der SS eingesetzt, um für die interne Lagerorganisation und die Anleitung der Mithäftlinge Verantwortung zu tragen. Dieses wurde auch im KZ-Außenlager in Braunschweig umgesetzt. Mehreren Berichten zufolge wurden dafür einige deutsche Häftlinge aus dem KZ Dachau mit dem grünen Winkel (‘Berufsverbrecher’) nach Braunschweig überführt, um dort die entsprechenden Aufgaben wahrzunehmen. Einige von ihnen kooperierten offen mit der SS und erwiesen sich als brutale Handlanger. Gleichzeitig gibt es aber auch Berichte, das andere ihre Privilegien nutzten, um Mithäftlingen zu helfen und ihre Lage im Rahmen der beschränkten Handlungsmöglichkeiten zu verbessern. Bei den Ermittlungen in der Nachkriegszeit wurde auch ohne Erfolg gegen einige einige Funktionshäftlingen ermittelt.
Der Zeitzeuge Michael Gumaner (*1929) berichtete über die Behandlung durch die Wachmannschaften:
Das Lager unterstand dem damaligen Untersturmführer Max Kirstein… Kirstein selbst hat uns kaum persönlich geschlagen, jedoch hat er hierzu die Vorarbeiter (ebenfalls Häftlinge) angespornt… […]. Die Behandlung durch die SS-Wachmannschaften war äußerst rücksichtslos und brutal.
(Quelle: Vögel, Bernhild: Denkstätte Schillstraße. Materialien für Schule und Bildungsarbeit. Braunschweig 1998, S. 32)
Der Zeitzeuge Jerzy Herzberg (*1929) schilderte seine Erfahrungen mit einigen Funktionshäftlingen:
Braunschweig war das schlimmste unter den Lagern, in denen ich war. Ich muss einfach sagen, dass ich so etwas wie Stolz empfinde, dass es mir gelang dieses Lager lebend zu verlassen […]. Es wurde im Lager gemunkelt, dass der ,Rangälteste‘ unter unseren Kapos früher Kapo in Dachau war […]. Im Lager waren auch andere Kapos […]. Alle waren früher in Dachau, wo sie für ihre Kapo-Funktionen sehr gut vorbereitet wurden. Es schien uns, dass sie immer über genug Kraft verfügten, um uns zu misshandeln und zu erniedrigen.
(Quelle: Liedke, Karl: Das KZ-Außenlager Schillstraße in Braunschweig 1944-1945. Braunschweig 2006, S. 31)
Der Zeitzeuge Dr. Georges Salan (1901-1981) berichtete über Gewalttaten einiger deutscher Funktionshäftlinge:
Hermann und Edwin versuchten sich im antisemitischen Eifer zu übertreffen. Es vergeht kein Tag, ohne das Herrmann einen Juden mit Stockschlägen niederstreckt […]. Edwin seinerseits hat eine Vorliebe für blutig geschlagene Schädel. Alles, was sich in seiner Reichweite befindet, kommt ihm zur Befriedigung seiner Leidenschaft gerade recht.
Dr. Georges Salan berichtet außerdem davon, dass Lagerkommandant Kirstein während seiner Wutausbrüche oft kranke Juden körperlich misshandelte. Einmal prügelte er zusammen mit dem deutschen Funktionshäftling Hermman einen jüdischen Häftling namens Mordka Pechstein zu Tode. Er starb am 23.12.1944 an den Folgen des Übergriffs und wurde schließlich auf dem Friedhof Jammertal in Salzgitter bestattet.
(Quelle: Liedke, Karl: Das KZ-Außenlager Schillstraße in Braunschweig 1944-1945. Braunschweig 2006, S. 31)